Interessante Einblicke im Waldlabor
Der Forstbetrieb Altberg-Lägern GmbH führte in der letzten Woche seinen ersten Gesellschafteranlass mit einem bildenden Waldspaziergang durch.
Der Forstbetrieb Altberg-Lägern GmbH führte in der letzten Woche seinen ersten Gesellschafteranlass mit einem bildenden Waldspaziergang durch.
Regensdorf/Region. Auf dem Rundgang durch das Waldlabor Zürich erhielten zahlreiche eingeladene Fachpersonen sowie mehrere Gemeindevertreter aus dem Furttal und Zürcher Unterland interessante Einblicke. Ebenfalls am Waldlabor-Rundgang im Bereich Hönggerberg dabei waren Vertreter aus der Geschäftsführung der GmbH Altberg-Lägern.
Zu den Beschäftigten der GmbH zählen zwölf Mitarbeiter. Dabei handelt es sich um zwei Revierförster, zwei Forstwart-Vorarbeiter, drei Forstwarte, ein Auszubildender, ein Praktikant sowie zwei Waldarbeiter und eine Person in der Verwaltung. Das verantwortliche Gebiet dieser Belegschaft umfasst die zehn Gemeinden Buchs, Dielsdorf, Boppelsen, Otelfingen, Hüttikon, Dänikon, Dällikon, Weiningen, Geroldswil und Oetwil an der Limmat sowie den kantonalen Wald von Regensdorf und der Stadt Zürich. Insgesamt befinden sich 1500 Hektaren Wald mit einer Gesamtnutzung von rund 15 000 Kubikmeter Holz im Bereich des zuständigen Forstbetriebes.
Förster Daniel Dahmen und Umweltnaturwissenschaftler Martin Brüllhardtvermittelten in einem gut zweistündigem Rundgang allerlei Wissenswertes und Interessantes rund um den Wald als Erholungsgebiet inklusive der Instandhaltung und Pflege. Dabei wurden unterschiedliche Baumarten, Pflanzen und Bodenbeschaffheiten im Bereich des Hönggerberges und Regensdorf erläutert. Hiefür erfolgten entsprechende Zwischenhalte mit Präsentationen. «Die Waldbewirtschaftung erfolgt, um die Bedürfnisse der Gesellschaft an den Wald zu erfüllen. Es geht um Artenvielfalt und Biodiversität und damit unsere Lebensgrundlage und alles, was dazugehört», sagte Dahmen. «Wir behalten den Wald in einem Optimum der Holzproduktion, in denen sich diejenigen Baumarten laufend wieder verjüngen.» Eichenförderung, Tobelschutzwälder, Bio-Diversität, Holzproduktion und Sicherheit oder Gewässerschutzzonen waren einige Aspekte, über die Interessantes zu erfahren war. Bis ungefähr Mitte des 19. Jahrhunderts war der Mittelwald die dominierende Form der Wald-Bewirtschaftung gewesen. Davon zeugen noch heute beispielsweise rund 250 Jahre alte Eichen. Dieses Holz verwendete man auch zur Herstellung von Möbeln oder dem Bau von Ställen.
Die heutigen Revieraufgaben bei der Waldbewirtschaftung sind enorm umfangreich. Dabei nimmt die Erholungsnutzung des Waldes durch den Menschen ständig zu. Sei dies durch Spaziergänger, Jogger, Biker oder Hundebesitzer. Folgedessen muss immer mehr in Infrastruktur investiert werden für Strassen, Wege oder Sitzbänke. Ebenso steige das Sicherheitsbedürfnis natürlich an und müsse erfüllt werden. Dahmen präsentierte in diesem Zusammenhang eine Eiche, bei der ein abgestorbener Ast entfernt werden musste, um ein gefahrloses Durchkommen der Waldbesucher zu gewährleisten. Manchmal sei bei gewissen Holzarbeiten das Verständnis der Besucher wegen des erforderlichen Umweges nicht besonders hoch. Oft sei dann auch die Sozialkompetenz der Wald-Mitarbeiter gefordert, um eine Eskalation zu vermeiden. Eine solche könne vorkommen, wenn ein Jogger beispielsweise eine Woche lang wegen einer durch Holzarbeiten bedingten Sperrung nicht genau seine übliche Wegroute abrennen könne.
Biotop-Bäume müssen mindestens 30 Meter Abstand zur Waldstrasse, zur nächstgelegenen Feuerstelle oder Vita-Parcours-Posten haben, damit sie gefahrlos altern und absterben können. Bäume mit geringem ökonomischem Wert werden zum Teil auf drei bis acht Meter «eingekürzt», wie es im Fachjargon heisst. Dies auch, um die Sicherheit von Waldbesuchern zu schützen. Der entstandene Baumstumpf dient dann als Nährboden für Pilze und und für Käfer. Zu einer entsprechenden Finanzierung müsse der Waldeigentümer bereit sein. In Privatwäldern werde dies aus Spargründen im Zweifelsfall eher nicht getan. An einem Zwischenhalt wurde ein Boden-Profil präsentiert. Dort wurden die Eigenschaften der Bodenhorizonte - die unterschiedliche Schichten eines Bodens - exakt ermittelt.
Im Hönggerberg sei beispielsweise die Braunerde dominant. Beim ausgehobenen Bodenprofil, welches vor allem für ETH-Studierende zu Lehrzwecken genutzt wird, konnte man die Durchwurzelungs-Tiefe erahnen. Diese liegt bei 80 bis 100 cm und könnte sogar noch etwas tiefer reichen. Dadurch sei man auch gut gewappnet für die Trockenperioden. Der Boden über der präsentierten Grund-Moräne sei rund 10 000 Jahre alt. Dies sei für einen Boden extrem jung, entsprechend ausgeprägt sei dessen Nährstoffgehalt für die Pflanzen.Es gibt auch ein waldbauliches Übungsobjekt inklusive App für angehende Förster und andere Wald-Fachleute bis zu Ingenieuren, die entsprechende Auswertungen machen können. Es können dabei unter anderem Durchforstungen simuliert werden.
Es folgten Ausführungen über pflanzenverfügbares Wasser. Fichten hören an warmen Tagen rascher auf, Wasser zu verdunsten. Eine spannende Erkenntnis sei, dass das von Bäumen im Sommer genutzte Wasser häufig Winter-Niederschlagwasser sei. Im Sommer versickert ein kleinerer Teil des Niederschlagswassers bis in den relevanten Wurzelraum in 40 bis 80 Zentimer Tiefe,.
In einem Buchen- und Fichten-Bestand, dessen Krone geschlossen ist, bleiben bei einem Niederschlagsereignis ca. die ersten rund 5 Millimeter in den Blättern hängen. Das ist die sogenannte Interzeption. Im Sommer gibt es eine vergleichsweise geringe Versickerung. 20 Prozent der Jahresniederschlagssumme bleibt in der Baumkrone und verdunstet direkt und gelangt in dieser Jahreszeit gar nie auf den Boden. Bei der Entstehung eines Waldes siedeln sich zuerst Pionier-Baumarten wie Birken, Erlen oder Lärchen an. Diese bereiten mit ihrem Wurzelweg und der Laubstreuung das Wachstum der nächsten Baumgenerationen vor, die dann Fichten, Buche oder Esche und Ahorn beinhalten. Bei einem weiteren Halt wurde eine 1,3 Hektaren grosse Räumung präsentiert, die für schweizerische Verhältnisse als Kahlschlag-Fläche gilt. Im Jahre 2020 wurden an diesem Ort von Forschern umfangreiche Untersuchungen vorgenommen.
Es wurden Laub-Proben der Baumarten genommen, Laser-Scans gemacht und weitere Daten der Bäume ermittelt. Bei der Ernte der Bäume, wurde das Gewicht der Stämme und einzelner Bäume gewogen und viele Holzproben im Labor ausgewertet. Damit verbessert man die Grundlagen zur Berechnung des Kohlenstoffgehaltes in der oberirdischen Holzbiomasse.. Auf der Kahlschlagfläche befindet sich heute eine Pflanzung aus 8 verschiedenen Baumarten im Rahmen des schweizweiten Projektes «Testpflanzungen zukunftsfähiger Baumarten» Das Projekt der WSL (Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft) und des BAFU (Bundesamt für Umwelt) wird in Zusammenarbeit mit den Kantonen geführt. Dank der vielschichtigen Topographie der Schweiz könne man verschiedene Baumarten auf verschiedenen Höhenstufen anpflanzen und entsprechend deren Gedeihen in diesen unterschiedlichen Klimata beobachten. Innerhalb der verschiedenen Baumarten wurde Saatgut aus verschiedenen Klimaregionen verwendet. So stammen einige gepflanzte Tannen beispielsweise dem Tessin, aus Kalabrien und aus dem Wallis. Die Hoffnung ist, dass innerhalb der Baumart (z. B. submediterrane Herkunft) bereits eine gewisse Anpassung an ein trockeneres Klima vorhanden ist. Das Ziel ist es, bis in 30 Jahren erste Aussagen generieren zu können, was diese Baumarten an ihrem «neuen Ort» leisten können.
Die öffentlichen Waldeigentümer im Revier des Forstbetrieb Altberg-Lägern sind überzeugt, dass die Dauerwaldbewirtschaftung den vielfältigen Ansprüchen der Gesellschaft am besten gerecht wird. Der Dauerwald zeichnet sich durch eine Einzelbaumnutzung aus, bei der Bäume auf ihrem ökonomischen Optimum geerntet werden. Dieses liegt zum Teil bei 20 Zentimeter Durchmesser, andere erreichen es mit zwei Metern. Die waldbaulichen Eingriffe finden häufig statt. Im kantonalen Wald auf dem Hönggerberg wird jedes Waldstück ein Mal in fünf Jahren durchforstet.
«Wir können auf Krankheiten reagieren und entscheiden, ob wir einem Baum noch etwas Zeit geben oder ihn rausnehmen», erklärt Dahmen. Das Schlimmste bei der Waldbewirtschaftung sei für die Bevölkerung stets die Veränderung. Darum werde bei den Holzarbeiten sehr behutsam vorgegangen. «Und im Frühsommer nach unseren Eingriffen sieht man eigentlich nicht mehr, dass geholzt worden ist», sagt Dahmen. Es gibt wissenschaftliche Grundlagen, bei welchem stehendem Holzvorrat im Wald man langfristig die höchste Produktivität erhält. Und dann kann man die Baumarten entsprechend ausrichten.
Zum Abschluss des Rundgangs wurde noch ein Edelkastanien-Hain präsentiert, der eine traditionelle agroforstliche Bewirtschaftungsform zeigt. Kalkboden bekommt der Edelkastanie nicht gut. An der entsprechenden Stelle der Bepflanzung sei der Kalk aber genug tief, rund 70 Zentimer unter der Erdoberfläche. An der Orientierungstafel zum Kastanien-Hain heisst es dazu: «Traditionell würden drei Nutzungen vereint: die Nutzung von Früchten, die Produktion von Holz durch Kraut- und Grasschicht durch Beweidung oder Mahd.» Letzteres umfasst den Mähgang beziehungsweise die Ernte.
Richard Stoffel
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