17.11.2023 06:00
4000 Bäume für Rümlang dank 4000 Kilometer Radrennen
Zum zweiten Mal absolvierte der Rümlanger Thomas Oberli das Velo-Abenteuer «Northcape4000» und konnte zugleich weitere Sponsoren für sein Projekt zugunsten des heimischen Waldes gewinnen. An der Pflanzaktion letzten Samstag war handfester Einsatz gefragt.
RÜMLANG. «Ein Wahnsinniger», sagte Gemeindepräsident Peter Meier-Neves anerkennend über Thomas Oberli und meinte damit die sportliche Leistung des 53-jährigen Rümlangers. Am 22. Juli war Oberli mit seinem Bikepacking-Rad aufgebrochen, um im Rahmen des Velorennens «Northcape4000» die rund 4000 Kilometer lange Strecke von Italien bis zum nördlichsten Zipfel Europas, dem Nordkap in Norwegen, unter die Räder zu nehmen – und das bereits zum zweiten Mal. Rund 3800 Kilometer legte er im Sommer 2022 in 13 Tagen zurück. Dieses Jahr waren es – von Turin über Paris statt ab dem Gardasee quer durch Deutschland – noch einige mehr: Stolze 4300 Kilometer mit 32 000 Metern Höhendifferenz absolvierte der Hobbyradler in 17 Tagen.
Sein Ehrgeiz gilt der Nachhaltigkeit
Dabei hatte Oberli als einer von 250 Teilnehmern weit mehr als das sportliche Ziel vor Augen, sein Ehrgeiz gilt der Nachhaltigkeit: Für jeden gefahrenen Kilometer soll ein Baum im Rümlanger Wald gepflanzt werden, lautet die Mission, für die er Rümlangs Revierförster Thomas Hubli ebenso gewinnen konnte wie zahlreiche Sponsoren. Auch die Gemeinde Rümlang spendete in diesem Jahr für das zukunftsweisende Projekt: Ein ansehnlicher Betrag wurde aus dem TAR-Fonds beigesteuert und somit steuerneutral in die Zukunft des Rümlanger Waldes als wichtiges Naherholungsgebiet investiert. Wurden seit letztem Herbst 2870 Jungpflanzen gesetzt, soll das Vorhaben, insgesamt 4000 Bäume zu pflanzen, bis zum kommenden Frühling abgeschlossen sein. Auch der diesjährige symbolische Auftakt erfolgte im Zuge einer fröhlichen Pflanzaktion: Eine bunte Truppe aus Erwachsenen und Kindern versammelte sich am Samstagmorgen an der Hütte im gemeindeeigenen Waldgebiet Gstöck. Neben Peter Meier-Neves traten mit «Forst-Chefin» Nadja Giuliani und Thomas Huber zwei weitere Gemeindevertreter motiviert zum schweisstreibenden Einsatz an.
Vielfalt trotzt der Klimaveränderung
«Das Projekt unterstützt die Waldbesitzer, Artenvielfalt zu schaffen», erläuterte Revierförster Thomas Hubli den Hintergrund. Aufgrund von Borkenkäferschäden und der seit Jahren wütende Eschenwelke mussten viele Bäume gefällt werden: «Nun haben wir freie Flächen – und viel Licht.» Würden sich sonst Schattenbaumarten wie Buche und Ahorn durchsetzen, hätten dort Lichtbaumarten, welche der Klimaveränderung besser gewachsen sind, gute Chancen. «Grosse Flächen, wie sie auch Sturm Lothar geschaffen hat, sind zunächst kein schöner Anblick, doch erweisen sie sich langfristig als interessanter und artenreicher, weil sich Pionierpflanzen wie Birke, Weide oder Pappeln ansiedeln können und es Platz für Lichtbaumarten wie Lärche, Nussbäume oder Chriesi hat», führte Hubli aus. Nach dem Bau des Flughafens seien vor allem Fichten aufgeforstet worden, «absolut nicht standortgerecht», betonte der Revierförster, doch habe sein Vorgänger bereits vor Jahrzehnten auf Vielfalt statt monoton auf eine Pflanzenart gesetzt.
Das für die gemeinsame Pflanzaktion gewählte Gelände gehört zu den Eichenförderungsflächen des Kantons, zahlreiche vom Umstürzen bedrohte Eschen wurden hier gefällt, der Boden schon mehrfach von wuchernden Brombeeren und Haseln geräumt. «Eichen sind nicht sonderlich konkurrenzstark und benötigen vor allem am Anfang viel Einsatz», erläuterte Hubli. 75 Jungpflanzen unterschiedlicher Provenienzen sollten innert der kommenden Stunde gesetzt werden, der feuchte Boden bot ideale Bedingungen dafür. Rund um fünf pink markierte Pfosten wurden nach Anleitung des Fachmanns jeweils 15 kleine Eichen im Abstand von eineinhalb Metern gepflanzt und anschliessend mit einem Frassschutz versehen. «Jeweils eine davon wird hoffentlich gross und stark und weiter ausgepflegt», erklärte Hubli das Vorgehen und zeigte auf ein rund 50-jähriges Exemplar als Vorbild.
Grüne Pfosten gaben den Standort für fünf Waldeiben vor, die später im Schatten der Eichen gedeihen können. Da sie sehr langsam wachsen, geben sie das härteste Holz. Mit zehn bis 25 Franken pro Stück relativ teuer, gab Hubli sie als «Zückerli» an die fleissigen Pflanzteams heraus.
Den Endspurt umso mehr geniessen
Seit Jahren schon setze er sich für Hilfsprojekte in Afrika ein, auf die Baumpflanzaktion in seiner Rümlanger Heimat habe ihn eine persönliche Erfahrung gebracht, erzählte Thomas Oberli. Bäume, die er vor 30 Jahren in Kanada im Rahmen eines Studentenjobs gepflanzt habe, ragten dort heute in den Himmel. Die diesjährige Strecke zum Nordkap habe ihn immens gereizt, doch auch «Riesenrespekt» abverlangt. Fünf, sechs Tage hintereinander habe ihn der Regen geplagt, gefolgt von Sonnenschein und Rückenwind. Im Vorjahr sei er die letzten 530 Kilometer in 23 Stunden durchgefahren, diesmal habe er bewusst kleine Etappen gewählt. «Ich konnte den Endspurt umso mehr geniessen, weil ich wusste, was kommt: Rentiere, Fjorde, das Nordkap – einfach wunderschön.» Der Weg zum Ziel sei wichtig, das Ziel zu erreichen aber auch, schlug er den Bogen zu den Bäumen: «Es macht mich sehr stolz, wenn wir die 4000 schaffen.» Ein Morgen wie dieser, wo alle mit anpacken, erfülle ihn mit «positiver Energie».
Martina Kleinsorg